Die CeBIT in Hannover – weltgrößte Messe für Informationstechnik. Tausende Aussteller präsentieren ihre Neuheiten der interessierten Weltöffentlichkeit. Die perfekte Gelegenheit also, um die interessanteste Neueinführung im Mobilfunksektor 2011 näher zu beleuchten: LTE. Und das taten sie auch, die Mobilfunkhersteller, die Mobilfunkunternehmen, und letztlich auch das Bundeswirtschaftsministerium. Dessen Minister scheint im Breitbandausbau sein Thema gefunden zu haben.
Minister Brüderle trifft sich mit Wirtschaftsvertretern
Der Messeauftritt des Bundeswirtschaftsministeriums räumte LTE zugegebenermaßen ein wenig mehr Platz ein. Ja man hatte sich gar dazu hinreißen lassen, eine Modellbahn durch eine Modelllandschaft verkehren zu lassen, in der der Traum des zugehörigen Ministers Rainer Brüderle bereits Realität geworden ist.
O2-Managing-Director Markus Haas ,Telekom-Vorstand Niek Jan van Damme,
Bundeswirtschaftminister Rainer Brüderle,
Vodafone-Deutschland-Chef Friedrich P. Joussen,
Vorstandsvorsitzender Alcatel-Lucent Deutschland Alf Henryk Wulf
Brüderle nutzt die Gelegenheit, um noch einmal die Bedeutung breitbandiger Internetverbindungen zu betonen. „Die Strategie der Bundesregierung ist es, Infrastrukturen zu schaffen ähnlich wie unser Straßen-, Flugzeug- oder Eisenbahnnetz, um für unsere Bürger und unserer Wirtschaft optimale Bedingungen für diese neue Entwicklung zu schaffen“, so Brüderle. Bis 2015 sollen so dreiviertel aller deutschen Haushalte mit 50 Mbit/s versorgt werden. Ein hehres Ziel, welche auch mit „LTE als neuem Ansatz“ erreicht werden soll. Brüderle macht es sichtlich Vergnügen, die Entwicklungen auf dem Breitbandmarkt zu erläutern, schließlich laufe es mehr als gut für den High-Tech-Standort Deutschland, betont der Minister. „Und ich bin selbst fasziniert, wenn man hier her kommt welche neuen Möglichkeiten sich ergeben und man hat selbst als hoher Minister manchmal Schwierigkeiten, das alles aufzunehmen, richtig einzuordnen und zu verdauen.“ Gut verdaulich für ihn ist hingegen die Prognose, dass in naher Zukunft die Hälfte aller „zukunftsfähigen Produktionsfortschritte“ im IT-Bereich anzusiedeln sind. „Deshalb brauchen wir LTE für unsere Wirtschaft möglichst schnell, umfassend aber auch kostengünstig.“
Dass die Bundesregierung solch großen Wert darauf legt, den Breitbandausbau auch und vor allem per LTE zügig voran zu treiben, habe seinen Grund. Man wolle eine Führungsrolle spielen, denn: „Wir sind im harten Wettbewerb mit Korea, mit China, mit Japan, mit den USA. Wir trauen uns aber zu, dass uns Breitband als ein Basiswissen, kombiniert mit anderen Strukturen, den hohen Wachstumspfad auf dem wir uns befinden, auch für die Zukunft sichert.“ Zur Beförderung dieses Breitband-Wachstumspfades soll „Anreizregulierung“ in Verbindung mit freier Marktwirtschaft dienen.
Diese Regulierung sieht Brüderle in der Vorgabe der Regierung, zuerst die ländlichen Regionen der Bundesrepublik mit LTE zu versorgen (Karte), bevor die Technologie in einem zweiten Schritt auch in die Großstädte kommen darf, gegeben. Brüderle „Es soll keiner in Deutschland einen Nachteil haben, weil er nicht in Berlin oder Hannover lebt, sondern peripher wohnt.“ In den Ballungsgebieten wolle man dann aber klar auf Wettbewerb setzen. Schließlich habe man „hier auf der Cebit jetzt die Akteure am Markt, die es am besten wissen“, so der Minister.
Diesen Akteuren wurde nun ein Podium geboten, zwar einer nach dem anderen und alle mit unterschiedlichen Worten, aber in der Kernaussage gleich: Man ist zufrieden, LTE ist eine Erfolgsgeschichte, der Ausbau muss weiter gehen. Vodafone-Deutschland-Chef Friedrich P. Joussen sieht Deutschland bereits ohne unterversorgte Regionen: „Wir gehen davon aus, dass Ende des Jahres kein weißer Fleck mehr übrig bleibt:“ Schließlich seien bereits ein halbes Jahr nach Lizenzversteigerung 160.000 Haushalte versorgt, Tendenz steigend. „Die Akzeptanz ist ausgesprochen hoch, allein wir bei Vodafone machen derzeit tausend Neukunden im LTE-Gebiet pro Woche.“, so Joussen.
Telekom-Vorstand Niek Jan van Damme fügte neben der Aussage, dass man den Breitbandausbau ausdrücklich unterstütze hinzu, dass es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Internetanbieter handele. „Das kann keiner allein schaffen“, so van Damme. Der Beitrag der Telekom sei aber beachtlich. Schließlich habe man 2010 bereits 500 Gemeinden mit LTE versorgt. „In diesem Jahr sollen noch einmal 1.500 dazu kommen.“ Laut Aussage des Telekom-Vorstandes sind also bereits 270.000 deutsche Haushalte angeschlossen. Ziel für 2011: Bis zu 2 Millionen.
Aus dem Hause O2 waren keine konkreten Nutzerzahlen zu erfahren. O2-Managing-Director Markus Haas betonte aber, dass die „beiden Pilotnetze, die O2 zum Ende letzten Jahres in Betrieb genommen hat, im zweiten Quartal den kommerziellen Betrieb aufnehmen.“ LTE spiele in der Investitionsstrategie von O2 eine besondere Rolle. „LTE ist die Technologie, die das größte Potential hat“, betont Haas. Und so sei auch ein beträchtlicher Anteil des Investitionsumfangs, welchen O2 in den vergangenen vier Jahren in Breitbandinternet investiert hat, in LTE geflossen. Einer der Gründe, warum der kommerzielle LTE-Betrieb nun auch schneller als ursprünglich geplant starten könne. Darüber hinaus sei erfreulich, dass „die Endgeräte früher als erwartet kommen. Das ist eine sehr gute Nachricht und wir haben das erste Mal die Chance in Deutschland, in Europa führend zu sein.“
Zu den unterversorgten Regionen zählen natürlich auch viele Grenzgebiete, welche ebenfalls mit LTE versorgt werden sollen. Schließlich wolle man auch hier nicht „Fibre to the Bauernhof“ verlegen, wie Friedrich P. Joussen scherzhaft anmerkte. Besonders wichtig sei in diesen Gebieten, Abkommen mit Nachbarstaaten zu formulieren, um Störungen derer Netze und durch deren Netze zu vermeiden. „Dieser 30 km Gürtel, der sich um die deutschen Grenzen bildet, beinhaltet eben auch noch sehr viele Flächen, die im Idealfall mit LTE versorgt werden könnten.“, beschrieb Markus Haas die Lage. Dieser „ganz wichtige Aspekt“, wie Haas weiter betonte, sei aber bereits in Arbeit. Bestätigung durch Niek Jan van Damme: „Ich bin auch zuversichtlich, dass die wenigen Probleme, die es im Moment noch gibt, gelöst werden.“ Wichtig sei dabei besonders „eine schnell Umsetzung der digitalen Dividenden in ganz Europa. Aber auch eine einheitliche Vorgehensweise im Bezug auf die Verfügbarkeit weiterer Frequenzen unterhalb von 790 MHz.“
Nach viel Lob und wenig Tadel, wechselte das Mikrofon zu Alf Henryk Wulf, Vorstandsvorsitzender von Alcatel-Lucent Deutschland. Er referierte über technische Aspekte des LTE-Ausbaus – eine Bereicherung zwischen den sich wiederholt gegenseitig überbietenden Erfolgsvermeldern. Auch er lobte, allerdings die Technologie LTE selbst. Sie sei äußerst effizient, denn schließlich gehe es „im Mobilfunk ja immer darum, möglichst viel Bit in möglichst wenig Spektrum unterzubringen, weil das Geld kostet.“ LTE spiele sich im Vergleich zu UMTS oder HSPA auf einer ganz anderen „Effizienzebene“ ab. Eine Effizienz, die aber durchaus noch steigerbar ist. „Ich darf nur daran erinnern, dass zum Zeitpunkt der UMTS-Lizenzversteigerung 384 KBit/s möglich waren und heute sind wir bei 21 Mbit/s. Wenn es eine ähnliche Entwicklung im LTE-Umfeld gibt, dann kann man sich ausrechnen wo man dann irgendwann mal landet“, fügte Friedrich P. Joussen an.
Hörte man den überbordenden Enthusiasmus der Anwesenden zwecks der erreichbaren Geschwindigkeiten, Zahlen von 50, ja von 100 Mbit/s im Downstream schwirrten durch den Raum , könnte man annehmen, dass der zügige LTE-Ausbau Glasfaser überflüssig machen könnte. Dieser Vermutung widersprach Wulf vehement, LTE und Glasfaser seien komplementär, nicht alternativ. „Wir dürfen nicht vergessen, wo immer wir Mobilfunk aufbauen, müssen wir die Bandbreiten, die wir von der Zelle verteilen, leistungsfähig hinbringen. Das bedingt de facto eine Glasfaserinfrastruktur, manchmal kann man es mit Richtfunk machen, mittelfristig brauchen wir aber Glasfaser an dieser Stelle“, so Wulf.
Gute Stimmung durch positive Bilanz.