Ties-Christian Gerdes: Der LTE-Netzausbau schreitet bundesweit voran: Am 14. September 2011 hat die Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass die Mobilfunkunternehmen die Versorgungsverpflichtung für die 800 MHz Frequenzen im Saarland und in Nordrheinwestfalen erfüllt haben. Zahlreiche Messungen zeigen jedoch, dass LTE zumindest testweise auch schon in Ballungsgebieten wie Berlin im Betrieb ist. Viele Nutzer drahtloser Produktionsmittel haben daher bereits schlechte Erfahrungen mit LTE gemacht und berichteten von Störungen.
Wir haben festgestellt, dass professionelle Anwender wie Theater, Tourverleiher und Rundfunkanstalten schon auf andere störungsfreie Frequenzen umgestellt haben oder es zumindest zeitnah tun werden. Andere Nutzer wie Schulen, Universitäten, Kirchen, Amateurtheatergruppen, Stadthallen, Musiker oder Sportstudios haben noch nicht umgestellt, beziehungsweise die Dringlichkeit noch nicht erkannt. Dabei sind alle drahtlosen Mikrofone betroffen, die in den Bereichen 790 bis 814 MHz und 838 bis 862 MHz funken. Da spielt es keine Rolle, ob es sich bei den Nutzern etwa um ein Theater oder einen Alleinunterhalter handelt. Fakt ist: Funkmikrofone sind bei den genannten Anwendungen und vielen anderen Institutionen nicht mehr wegzudenken. Stellen Sie sich doch nur mal ein Musical ohne drahtlose Mikrofone vor?
Außerdem gibt es auf der Seite den Umfrequentierungskostenrechner. Damit können Sie in wenigen Schritten herstellerübergreifend überprüfen, ob Ihr vorhandenes Equipment umgerüstet werden kann oder ob doch ein Neukauf nötig ist. Im Anschluss hat man die Möglichkeit, seine Kontaktdaten zu hinterlassen. Unser Serviceteam erarbeitet dann in einem persönlichen Beratungsgespräch gemeinsam mit dem Kunden die für ihn wirtschaftlichste Lösung.
Ties-Christian Gerdes: Die Zahl der umgerüsteten Systeme variiert sehr nach Jahreszeit. Im vergangenen Sommer, während der Spielpause vieler Theater, haben wir zusätzlich zehn Mitarbeiter eingestellt, um die Systeme innerhalb kürzester Zeit umrüsten zu können. Alle aktuellen Sennheiser Drahtlossysteme können prinzipiell von unserer Serviceabteilung schnell und unkompliziert auf andere Frequenzbänder umgestellt werden. Momentan ist es wieder etwas ruhiger geworden. Wenn man aber bedenkt, dass in Deutschland nach Einschätzung der Branchenverbände mehr als 600.000 drahtlose Mikrofone von der Frequenzänderung betroffen sind, wird die Dimension der Umstellung deutlich. Das entspricht der Einwohnerzahl einer Großstadt wie Stuttgart.
Ties-Christian Gerdes: Viele Kleinanwendungen, vor allem im nicht-professionellen Einsatz, können in den drei anmeldefreien Bereichen der so genannten Mittenlücke (823 - 832 MHz), ISM-Band (863 - 865 MHz) sowie im Bereich 1800 MHz (1785 - 1805 MHz) arbeiten. Professionellen Anwendern raten wir, im UHF-Band bis 790 MHz zu arbeiten und sich Frequenzen von der Bundesnetzagentur zuteilen zu lassen.
Ties-Christian Gerdes: Über die Auswirkungen dieser Entscheidung kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine eindeutige Aussage getroffen werden. Wir wissen noch nicht genau, ob und wann die Frequenzbereiche des 700-MHz-Spektrums (694-790 MHz) für die Nutzung der drahtlosen Produktionsmittel wegfallen. Tatsache ist, dass der Antrag zur Zuweisung gestellt worden ist. Allerdings ist es nicht zu einer regionalen Zuweisung des Spektrums gekommen.
Dies kann jetzt frühestens auf der nächsten Weltfunkkonferenz im Jahr 2015 geschehen. Dort werden dann auch Studienergebnisse vorgelegt, die unter anderem klären sollen, welchen Bedarf die drahtlosen Produktionsmittel haben und auf welchen Frequenzen sie in Zukunft ihre Dienste erbringen sollen.
Was bedeutet das konkret für Deutschland und die Nutzung drahtloser Produktionsmittel? Die jetzige Nutzung des UHF-Spektrums durch drahtlose Produktionsmittel ist geregelt durch eine nationale Frequenzzuweisung. Diese wird aller Erfahrung nach bis deutlich über 2015 hinaus Bestand haben – derzeit wird das Jahr 2020 oder später diskutiert. Sollte der Fall eintreten, dass es auf der Weltfunkkonferenz 2015 zur 700-MHz-Spektrumszuweisung für einen anderen Nutzer kommt, muss eine Umsetzung in nationales Recht erfolgen, welches in Europa mit einer Fristenregelung verbunden ist.
In Deutschland müsste nach einem WRC-Beschluss die Frequenzbereichszuweisungsverordnung überarbeitet werden. Dem müssen die Länder im Bundesrat zustimmen. Damit ist die Regelung der Kostenübernahme verbunden, die zwischen Bund und Ländern ausgehandelt werden muss. So ist es in der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) festgehalten worden. Mit dieser Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung erstellt die Bundesnetzagentur dann einen neuen Frequenznutzungsplan, der in der Folge zur Versteigerung des Spektrums führen kann. Parallel würde sich das europäische Parlament mit dieser Sachfrage befassen und versuchen, eine europäische Lösung festzulegen. Da es aber keine europäische Frequenzverwaltung gibt, sind die Zustimmung der Mitgliedsländer und eine nationale Umsetzung erforderlich.
Sollte es dann im Jahr 2020 tatsächlich zu einer neuen Frequenzsituation kommen, können sich Hersteller und Nutzer drahtloser Produktionsmittel langfristig auf die neue Sachlage einstellen. Voraussetzung ist jedoch eine stabile Planungssituation, die unter anderem durch die von der WRC angestoßenen Studien sowie durch den Beschluss der nächsten WRC im Jahr 2015 geschaffen werden soll. Zum jetzigen Zeitpunkt ändert sich für die Nutzer drahtloser Produktionsmittel kurzfristig nichts. Mittel- und langfristig müssen sich die Nutzerverbände intensiv engagieren, um ihre Interessen für die Zukunft zu sichern – noch sind alle Optionen offen! Dafür wird eine Kooperation mit dem Rundfunk und dem politisch-technisch orientierten Spektrums-Nutzerverband APWPT empfohlen, in dem auch Sennheiser vertreten ist.
Ties-Christian Gerdes: Als Antwort auf den künftigen Wegfall der UHF-Frequenzen von 790 bis 862 MHz für drahtlose Mikrofone, haben wir mit den Systemen der Serie evolution wireless ew 100 G3 1G8 den neuen Frequenzbereich um 1800 MHz erschlossen. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Der Frequenzbereich von 1785 MHz bis 1800 MHz ist exklusiv für die Audioübertragung reserviert. Daher braucht der Nutzer im Betriebsalltag nicht um Primärnutzer herumzuplanen und sich mühsam Lücken zwischen den TV-Sendern zu suchen. Außerdem ist der Bereich in einigen Ländern Europas (unter anderem in Deutschland, Schweiz und Österreich) sogar anmeldefrei. Es entstehen für den Anwender also keine Kosten für die Nutzung des Frequenzbereichs. Bis zu zwölf Kanäle können mit der Serie ew 100 G3-1G8 parallel betrieben werden. Dafür sind in 20 Kanalbänken jeweils 12 kompatible Frequenz-Presets abgelegt. Hinzu kommt eine weitere User-Bank, die frei in 10-Kilohertz-Schritten programmierbar ist. Die neuen Systeme haben eine Sendeleistung von 10 Milliwatt. Ihre Reichweite entspricht in etwa der von UHF-Systemen mit gleicher Sendeleistung.
Ties-Christian Gerdes: Leider nicht. Mit dem 1800 MHz-Band haben wir 15 MHz für die Nutzung drahtloser Mikrofone gewonnen. Verlieren werden wir ab dem ersten Januar 2016 jedoch 48 MHz.
Ties-Christian Gerdes: Der heutige Trend geht ganz klar zur mobilen Nutzung von Internet und anderen Kommunikationskanälen. Das ist unter technischen Gesichtspunkten ein enormer Fortschritt. Doch alle Frequenzbereiche werden mehr belegt als jemals zuvor. Damit ist das Risiko einer Störung für alle Nutzer nicht ganz vermeidbar. Für die Regulierung der Frequenzen sorgt in Deutschland die Bundesnetzagentur. Ein großer Teil der Arbeit der Bundesnetzagentur ist die Koordinierung der belegten Frequenzen für einen möglichst einwandfreien Betrieb. Funkmikrofone arbeiten bis auf den 1800 MHz Bereich immer in noch bestehenden Lücken von DVB-T-Sendern oder Mobilfunkprovidern. Diese Lücken werden nun spürbar weniger oder sind in Ballungszentren fast nicht mehr vorhanden.